Wenn Fragen mehr hilft als Sagen
Sagen in Krisenzeiten
Müssen Führungskräfte eigentlich immer Antworten haben und ihren Mitarbeitenden sagen, wo es lang geht? Ganz klar, manchmal braucht es Antworten statt Fragen. Gerade in Krisenzeiten wollen wir eine klare Ansage und eine starke Führung, die uns leitet. Dieser sogenannte autoritäre Reflex bedient unser Bedürfnis nach Halt, Sicherheit und Orientierung. Denn wer geht schon gerne orientierungslos durch Krisen?!
Fragen in Phasen der Weiterentwicklung
Von Krisenzeiten müssen allerdings Phasen der Unsicherheit klar abgegrenzt werden. Bei Veränderungen, bei Weiterentwicklungen – kurz, bei allem Neuen, sind wir Unsicherheit ausgesetzt. Unterscheide daher, in welcher Situation du bist: Brennt wirklich die Hütte, sind andere auf meine Führung angewiesen, also darauf, dass ich lösche? Dann kann (An)sagen angebracht sein.
Willst du allerdings weiterhin deine Mitarbeitenden ermächtigen und zur Selbstwirksamkeit bringen, dann kann es besser sein, zu fragen. Wie fragende Führung auch in schwierigen Phasen gelingen kann, möchten wir im Folgenden aufzeigen.
Führen mit einer coachenden Grundhaltung
Welche Rolle/Haltung habe ich als Führungskraft? Diese Frage wird von Führungskräften häufig damit beantwortet, dass sie dafür da seien, Probleme zu lösen. Doch häufig sind die Mitarbeitenden selbst am nächsten an ihren Aufgaben und Problemen dran – sie sind die Experten in ihrem Bereich. Mit den richtigen Fragen werden sie ermächtigt, selbst Lösungen zu finden. Die Rolle der Führungskraft ändert sich – vom Sagen kommt sie ins Fragen, vom bestimmenden Anführer wird sie zum empowernden Coach.
Um dich auf deinem Weg zu unterstützen, haben wir zwei Fragen-Pakete entwickelt, die du gerne nutzen kannst oder anhand derer du dich orientieren kannst.
Unsere Erste-Hilfe-Fragen-Pakete
1. Fragen für Coachendes Führen
Unser erstes Hilfspaket mit nützlichen Fragen bietet dir eine Auswahl an Fragen, aus denen du dich in verschiedenen Situationen bedienen kannst. So kannst du, je nach Problem und Bedürfnis deiner Mitarbeitenden, sie durch gezielte Fragen ermächtigen, die Lösung für ihre Situation zu finden.
Fragen zur Zielklärung
- Was ist dein persönliches Ziel in dieser Situation?
- Woran erkennst du, dass du das Ziel erreicht hast? Was wäre dann anders?
- Wann willst du das Ziel erreicht haben?
- Was müsste sich für dich in der nächsten Stunde klären, damit das Gespräch hilfreich war?
Fragen zum Problem/zur Situation
- Woran kannst du das Problem festmachen? In welchen Situationen tritt es auf? Was haben diese Situationen gemeinsam?
- Wer ist alles beteiligt? Für wen würde sich was ändern, wenn das Problem gelöst wäre?
- Wie würde XY (dein Chef, dein Kollege, dein Lebensgefährte, …) das Problem/die Situation beschreiben?
- Was hast du bisher getan/versucht? Was hast du damit erreicht?
Ressourcen-Fragen
- Hast du ein ähnliches Problem schon einmal gelöst?
- Wann ist das Problem weniger stark? Was ist da anders?
- Welchen Nutzen hätte es für die Beteiligten/das System, wenn das Problem weiterhin bestehen bliebe?
- Was ist an der Situation momentan gut? Was soll sich nicht verändern?
Lösungsorientierte Fragen
- Was wäre, wenn Geld/Zeit/… keine Rolle spielten?
- Was würdest du tun, wenn niemand anderes davon betroffen wäre?
- Was würdest du tun, wenn du nicht scheitern könntest?
- Was würdest du einem guten Freund/einer guten Freundin in der Situation raten?
Fragen zu konkreten Handlungen
- Was wäre der nächst kleinste Schritt? Bis wann setzt du dies um?
- Was geschieht, wenn du dich so verhältst? Wie würde das auf Andere wirken?
- Was/Wen brauchst du noch dazu?
- Wo möchtest du in einem Jahr stehen? [und dann in den Zeitabständen zurückgehen] Was hättest du in einem halben Jahr erreicht? Was schon in drei Monaten? Was in einem Monat?
- Was kann dir im Alltag helfen, diese neue Routine auszubilden?
2. Das Raummodell und seine Fragen
Eine zweite Möglichkeit, Probleme der Mitarbeitenden mit einer coachenden und fragenden Grundhaltung zu bearbeiten, bietet das Raummodell. Als Führungskraft lädst du deinen Coachee ein, in drei verschiedene Räume zu gehen: den Ist-Raum, den Möglichkeitsraum und den Handlungsraum. Das kann als gedanklicher Spaziergang, über Markierungen auf dem Boden oder mit drei Zimmern geschehen.
Der Ist-Raum
Im Ist-Raum geht es darum, den Status quo zu erfassen. Der Coachee wird durch Fragen angeregt, seine Wahrnehmung der Gegenwart zu beschreiben und durch Reflektieren neu zu betrachten und zu bewerten.
Mögliche Fragen zur Situation/zum Problem im Ist-Raum sind:
- Woran könntest du das Problem festmachen? In welchen Situationen tritt es auf? Was haben diese Situationen gemeinsam?
- Angenommen, ich würde deine Handlungen nachahmen bzw. dir folgen wollen: Was müsste ich konkret tun?
Der Möglichkeitsraum
Im Möglichkeitsraum werden verschiedene Möglichkeiten und Szenarien durchgespielt. Durch das Nachfragen des Coaches/der Führungskraft wird der Coachee angeregt, eine Vision und ein Zielbild zu erstellen und gleichzeitig einen neuen Blick auf das Problem zu finden.
Mögliche Fragen im Möglichkeitsraum sind:
- Angenommen, heute Nacht käme eine Fee und würde dir das Problem abnehmen: Was wäre dann morgen anders? Woran würdest du es erkennen und wer würde es noch merken?
- Was wäre, wenn Zeit/Geld/… keine Rolle spielte?
- Was würdest du einem guten Freund/einer guten Freundin in der Situation raten?
- Was könntest du tun, damit du dich von deinem Ziel entfernst/damit das Projekt scheitert?
- Was hindert dich daran, das Projekt zu lösen? Wie könntest du das Hindernis minimieren? Wie könntest du das Hindernis umgehen?
- Wie würden sich deine Kollegen/dein Chef verhalten, wenn das Problem gelöst wäre?
Der Handlungsraum
Im Handlungsraum sollen die Fragen des Coaches dem Coachee die Möglichkeit geben, die nächsten Handlungen und dafür benötigte Ressourcen und Unterstützungen zu formulieren. So sollen nicht nur die nächsten Handlungen besprochen werden, sondern auch die daraus resultierenden Konsequenzen und weiteren Handlungsschritte.
Mögliche Fragen im Handlungsraum sind:
- Was wäre der nächst kleinste Schritt? Bis wann setzt du dies um?
- Was geschieht, wenn du dich so verhältst? Wie würde das auf Andere wirken?
- Was/Wen brauchst du noch dazu?
- Wo möchtest du in einem Jahr stehen? [und dann in den Zeitabständen zurückgehen] Was hättest du in einem halben Jahr erreicht? Was schon in drei Monaten? Was in einem Monat?
- Was kann dir im Alltag helfen, diese neue Routine auszubilden?
Du hast anschauliche Fragebeispiele, die du gerne mit uns teilen möchtest? Wir freuen uns, wenn du uns schreibst! Du bist neugierig auf unsere Arbeit? Dann schau gerne auf unserer Homepage www.kantelbergs.de vorbei oder funk uns an, über ahoi@kantelbergs.de.