In vielen Artikeln zum Thema effektives und gesundheitsförderliches Arbeiten im Homeoffice geht es um feste Strukturen, feste Rituale, feste Arbeitsplätze, feste Pausen. Und das ist auch soweit richtig und wichtig. Allerdings passt das nicht für alle Menschen, denn unsere Verschiedenartigkeit bringt mit sich, dass jede und jeder beim produktiven Arbeiten unterschiedliche Bedürfnisse hat. Deswegen steht aus unserer Sicht das Thema Selbstführung an erster Stelle.
Wir wollen mit diesem Artikel einladen und das Bewusstsein schärfen, sich selbst gut zu kennen (und noch besser kennenzulernen) und damit die eigenen Bedürfnisse am heimischen Arbeitsplatz zu erkennen. Wir nennen es gute Selbstführung.
Herausfinden, was zu mir passt
Nehmen Sie sich doch mal einen Moment, nur ein paar Minuten Zeit und fragen sich: Was brauche ich, um gut und produktiv arbeiten zu können? Hilft Ihnen ein fester und aufgeräumter Arbeitsplatz, klar geregelte Arbeits- und Pausenzeiten und gut strukturierte To-Do-Listen? Dann setzen Sie das um. Schreiben Sie sich Ihre festen Arbeitszeiten auf oder legen Sie diese in Ihrem Outlook-Kalender fest. Es hat sich gezeigt, dass viele Menschen im Homeoffice kein Ende finden. Wenn man sich ein konkretes Ende zumindest vornimmt und im Kalender niedergeschrieben hat, hat es auch unser Gedächtnis abgespeichert und das „Kalendergedächtnis“ macht es für Sie und andere deutlich.
Wenn Sie kein Typ sind, der sehr geregelte Strukturen braucht, dann zwängen Sie sich auch nicht in solche. Sie arbeiten gerne mal in der Küche, mal auf der Couch und mal am Schreibtisch? Wir nennen das Perspektivwechsel. Achten Sie aber darauf, sich in Ihrem flexiblen und kreativen Umfeld nicht zu sehr zu verlieren; auch für Sie gilt der Punkt „freie Zeit richtig nutzen“.
Wichtig ist, dass Sie sich darüber klar(er) werden, was Sie brauchen, um gut arbeiten zu können und dies dann auch so gut es geht umzusetzen. Zur gekonnten Selbstführung gehört es auch, sich die eigenen Schwächen einzugestehen. Wenn Sie also wissen, dass es Ihnen schwerfällt, Dinge im Blick zu behalten und anzugehen, dies aber für Ihren Job sehr wichtig ist, flunkern Sie sich nicht selbst an und schaffen Sie sich Strukturen, die Ihnen helfen.
Aus unserer Sicht ist es im Homeoffice eine besondere Herausforderung, die eigenen Aufgaben klar im Blick zu behalten. Da wir bei uns viel im Team arbeiten, nutzen wir ein gemeinsames Online-Aufgabenboard. Wir hatten dieses auch schon vor Corona online, da wir nicht regelmäßig gemeinsam im Büro sind, den Überblick dennoch immer brauchen. Ein nützliches Online-Board ist zum Beispiel in Trello erstellbar (https://trello.com/). Dieses hilft nicht nur dem Team, sondern auch der eigenen Selbstführung. Wir nutzen OneNote, statt einen speziellen Anbieter zu verwenden, da wir im Notizbuch auch alle zusätzlich wichtigen Infos aufbewahren und so alles an einem Ort haben. Trello ermöglicht dafür etwas coolere und präzisere Aufstellungen.
Wenn Sie ausschließlich von zu Hause arbeiten und Ihre Aufgaben einigermaßen unabhängig von anderen Mitarbeitenden sind, eignet sich ein Aufgabenboard „zum Anfassen“. Wir nutzen für diese Aufgaben am liebsten einzelne Post-It´s und zur Einteilung farbiges Washi-Tape. Als Fläche wäre sicher ein Whiteboard optimal, im Homeoffice tut es aber genauso gut eine glatte Zimmer- oder Schranktür oder die Wand, auf die Sie von Ihrem Platz aus eine gute Sicht haben. Wenn Aufgabenkärtchen in verschiedene Felder (z.B. Ideen, Noch nicht gestartet, In Bearbeitung, Erledigt und Parkplatz) verrückt werden können, schafft das Überblick und zudem das gute Gefühlt, etwas geschafft, erledigt, geleistet zu haben. Wie genau Sie solch ein Board für sich erstellen, können Sie hier nachlesen https://utopia.de/ratgeber/kanban-board-system-praktische-beispiele-und-tipps/.
PS: Diese Logik der Aufgabenaufstellung funktioniert auch ganz gut in unseren Familien in Zeiten des anspruchsvollen Homeschoolings oder für die Übersicht der vielfältigen Alltags- und Freizeitaktivitäten der Familienmitglieder (weitere Infos hier: https://projekte-leicht-gemacht.de/blog/pm-in-der-praxis/familienboard-kanban/).
Zusätzlich zur sitzenden Bürotätigkeit fällt für viele momentan der Arbeitsweg zu Fuß oder auf dem Rad, das von „Kollege zu Kollege laufen“ im Büro, der Weg zur Kantine oder wenigstens zur Kaffeemaschine weg. Studien belegen, dass das dauerhafte Sitzen uns schädigt. Doch es gibt auch gute Nachrichten. Mit etwa 30-40 min Sport und Bewegung am Tag lassen sich die negativen Folgen des Dauersitzens ausgleichen.[1]
Es hat sich außerdem gezeigt, dass aktive Pausen, also Pausen, in denen Sie sich körperlich betätigen, die mentale Gesundheit in Bezug auf Stress und depressive Symptome sowie das eigene Wohlbefinden positiv beeinflussen.[2] Also legen Sie den inneren Muffel zur Seite und bewegen Sie sich. Noch besser funktioniert es sicher, wenn Ihre Mitbewohner*innen auch mitmachen. Oder „hibbeln“ Sie beim Arbeiten. Eine Runde um den Stuhl, telefonieren beim Gehen oder Arbeiten im Stehen – für Bewegung ist eigentlich immer Raum – Raum für Sie und Ihren Körper und ein guter Schritt zu gesundheitsbewusster Selbstführung.
[1] Ekelund U, Tarp J, Fagerland MW, Johannessen, JS, Hansen BH. Joint associations of accelerometer-measured physical activity and sedentary time with all-cause mortality: a harmonised meta-analysis in more than 44 000 middle-aged and older individuals https://bjsm.bmj.com/content/bjsports/54/24/1499.full.pdf
[2] Herbert C, Gilg V, Sander M, Kobel S, Jerg A, Steinacker JM. Preventing mental health, well-being and physical activity during the corona pandemic – recommendations from psychology and sports medicine. https://www.germanjournalsportsmedicine.com/archiv/archive-2020/issue-10/preventing-mental-health-well-being-and-physical-activity-during-the-corona-pandemic-recommen-dations-from-psychology-and-sports-medicine/
Alle Menschen brauchen Anspannung und Entspannung – das richtige Maß dagegen ist wieder eine individuelle Sache. Selbst wenn Sie zu den Menschen gehören, die weniger klare Strukturen benötigen – auch Sie brauchen Pausen, Feierabend und echtes Abschalten, um trotz hoher Belastung gesund zu bleiben und gut weiterarbeiten zu können. Dabei gilt im Generellen: Versuchen Sie in Ihrer freien Zeit möglichst Dinge zu tun, die Ihrer Arbeit nicht zu sehr ähneln.
Also statt weiter am Computer zu sitzen und bei Facebook nachzuschauen oder auf dem Handy zu spielen, versuchen Sie mal, alle Bildschirme auszuschalten und ein Spiel zu spielen, Sport zu machen (ja, kommt hier schon wieder) oder spazieren zu gehen. Ihnen fällt schon was ein. Und wir wissen ja: Die Mischung macht’s.
Pausen: Machen Sie immer wieder Pausen, in denen Sie sich aktiv etwas anderem widmen, wie aus dem Fenster sehen, sich kurz bewegen, einen Kaffee machen, mit den Homeoffice-Partnern sprechen, die Nachrichten anhören oder was Ihnen Spaß macht. Lachen Sie so oft wie möglich und über alles, was sich Ihnen in den Weg stellt oder sich Ihnen anbietet. Lachen ist tatsächlich eine sehr gute Prävention!
Feierabend: Leichter gesagt als getan, aber finden Sie ein Ende! Der Kopf braucht eine Pause und wir wissen alle, dass längeres Arbeiten nicht zu besseren Ergebnissen führt. Wenn Sie Ihre Arbeitszeiten im Homeoffice frei anpassen können, probieren Sie doch ruhig mal was Neues aus. Zum Beispiel später anfangen oder sehr früh anfangen. Aber auch da gilt: Finden Sie ein Ende und fangen Sie dann nicht nochmal kurz an, E-Mails zu checken.
Urlaub in Zeiten von Corona? Klingt verrückt. Worauf wir hinaus möchten: Gönnen Sie sich auch am Wochenende oder in freien Tagen Ihren Kopf wirklich aktiv frei zu machen von all den Arbeitsthemen. Natürlich ist es schön, wenn man dazu ein paar Tage wegfahren kann. Wenn das nicht geht, bringen Sie doch das Ferne mal zu sich nach Hause. Eine Kollegin erzählte uns: Sie macht mit ihrem Mann Themenabende zu all den Ländern, die sie gemeinsam bereisen wollen, mit leckerem Essen, guter Musik und Dokumentationen zu den jeweiligen Reisezielen.
Oder Sie gönnen sich mal ein bisschen Home-Wellness. Das kann auch im ganz Kleinen schön sein. Ein neues Duschgel, eine Gesichtsmaske oder ein Bad. Im Moment sind Tagesausflüge zu abgelegenen Zielen ein motivations- und gesundheitserhaltendes Element in dem täglichen Einerlei des Homeoffice. Packen Sie sich einen Picknick-Korb und fahren Sie los!
Beantworten Sie sich diese Fragen am besten schriftlich. So wird es einfacher eine Veränderung zu mehr Selbstführung anzustoßen. Und: Seien Sie dabei bitte nicht zu streng mit sich. Wir sind nicht perfekt und das ist auch gut so.
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